Bei der Entwicklung eines Produkts arbeiten immer viele unterschiedliche Menschen mit. Einige bringen ihre Ideen ein, andere setzen nur Anweisungen um. Bei Scrum liegt die Verantwortung für das Produkt (bzw. die Wirtschaftlichkeit der Entwicklungszeit) in der Regel beim Product Owner. Er „besitzt“ das Produkt und ist damit für dieses vollständig verantwortlich. Doch es gibt mehr Menschen im Produktteam als nur den Product Owner und alle haben eine gewissen Teil der Verantwortung für den gemeinsamen Erfolg. Alle sind in gewisser Weite auch an einer Ownership beteiligt.
Wozu Ownership?
Warum die „Ownership“ ausweiten wo wir doch einen Schuldigen Verantwortlichen haben? Es geht um ein Bewusstsein aller am Produkt Beteiligten, dass dieses eine Produkt nicht nur das Produkt des Product Owners ist, sondern auch ihr Produkt ist und sie nicht nur etwas zuliefern. Sie sollen bewusst zu diesem Produkt stehen und es nach außen auch vertreten können. Teammitglieder sollten stolz auf ihre Arbeit sein. Außerdem gehe ich davon aus, dass jemand, der für „sein“ Produkt brennt, mehr Ideen einbringt, kritischer mit anderen Ideen umgeht und sich unter Strich mehr einbringt.
Ownership ins Team bringen
Was können wir machen um Ownership ins Team zu bringen? Wie schaffen wir es, die Teammitglieder stärker am Produkt zu beteiligen? Mögliche Maßnahmen lassen sich in zwei nicht überschneidungsfreie Bereiche aufteilen: Sichtbarkeit und Anerkennung, jeweils nach innen und außen.
Sichtbarkeit beschreibt die Transparenz der Teamzugehörigkeit. Weiß jeder im Unternehmen oder von den Kunden wer an einem Produkt mitarbeitet? Wenn nicht, warum nicht mal jemanden aus dem Team eine Präsentation halten oder einen Newsletter schreiben lassen. Betreibt man für sein Produkt einen Blog kann man auch die Mitarbeiter vorstellen und beschreiben, was er oder sie zum Produkt beiträgt. Ein echtes, persönliches Statement hat einen hohen emotionalen Faktor und strahlt Echtheit aus. Werden Teammitglieder vorgestellt, können diese wie eine Persona aufgebaut und mit einem zum Kundenstamm passenden Foto als Kurzprofil präsentiert werden. Soll die Welt ruhig auch die Ecken und Kanten von den Menschen hinter dem Produkt kennen lernen. Das schafft Sympathie.
Ein weiteres und auch noch einfaches und günstiges Mittel sind Unterschriften der Beteiligten irgendwo am Produkt, seien es die Unterschriften beim Macintosh, auf der Website einer Webanwendung oder Unterschriften auf Beiwerk zum Produkt (Verpackung, Beilagen, Anschreiben, etc.). Unterschriften sollten sogar dann möglich sein, wenn Entscheider im Unternehmen Bedenken haben, dass Teammitglieder abgeworben werden könnten. Vorausgesetzt natürlich, dass die Unterschrift nicht besonders lesbar sind, aber bei wem sind sie das schon.
Auch Fotos vom gesamten Team sind denkbar. Manchmal reicht das schon auch ohne einzelne Teammitglieder hervorzuheben. Gesichter haben ein hohes Potential emotionale Beziehungen herzustellen, besonders dann wenn es nicht aufgehübschte Hochglanzbilder sondern authentische Schnappschüsse sind. So emotionalisiert man die Beziehung zwischen Produktkonsumenten/-nutzer und Produktherstellern.
Neben der ganzen Sichtbarkeit (die auch immer ein Zeichen von Anerkennung bedeutet) gibt es noch einzelne Faktoren der Anerkennung. Zum Beispiel sollte in größeren Unternehmen auch ein Team für sein Fachwissen bekannt gemacht werden. Selbst das Wissen einzelner Teammitglieder über die Teamgrenzen hinweg sollten geteilt werden, damit diese Anerkennung bekommen können. Des Weiteren gibt es keinen guten Grund mit dem erarbeiteten Wissen im Team zu bleiben und nicht auch Kollegen zu helfen. Auch über die Unternehmensgrenzen hinweg können Teammitglieder für ihre Leistungen als Experten präsentiert werden, seien es Teilnahmen an Konferenzen, Vorträgen an Hochschulen oder Zeitschriftenbeiträge. Bei diesen Veröffentlichungen können die Teammitglieder dann ihre Ownership nutzen und das Produkt mit Stolz präsentieren.
Zulassen der Ownership
Die Potentiale einer solchen Ownership sind nur möglich, wenn diese auch zugelassen wird. Finden die Teammitglieder Gehör bei den Entscheidern und sind diese in der Lage bei unterschiedlichen Meinungen zu vermitteln? Dürfen sich Teammitglieder überhaupt als Produktbeteiligte sehen oder werden sie auf Produktbetroffene herabgestuft? Hier kann es zu Schwierigkeiten kommen. Zuerst muss die Führung (sei es Vorgesetzte oder der Product Owner) es zulassen, dass Teammitglieder Ownership übernehmen. Dazu müssen wie teammitglieder gehört und als Experten anerkannt werden. Es können jedoch auch Spannungen im Team entstehen, wenn einzelne Meinungen viel häufiger als andere gehört werden. Auch müssen alle Teammitglieder (inkl. Product Owner) angemessen miteinander umgehen. Nur wenn auf einer Augenhöhe gearbeitet wird, kann auch produktiv und effizient miteinander gearbeitet werden.
Dennoch bleibt die Hauptverantwortung beim Product Owner. Diese Rolle bleibt in der Verantwortung für das Gesamtprodukt. Ein Product Owner darf die Leitung der Ownership nicht abgeben, darf aber sehr wohl andere mit in die Verantwortung ziehen.
Weitere Beispiele
Entwickler von Indie-Games investieren viel in ihr Beziehungskapital und lassen häufig Entwickler mit bloggen oder anderswo über ihr Produkt reden. Die Entwickler von Starbound zum Beispiel bloggen abwechselnd auf der Website über den aktuellen Stand der Entwicklung und der Komponenten, an denen sie gerade sitzen. Spannend zu beobachten sind auch die Tätigkeiten im Umfeld Crowdfunding. Gerade hier finden sich viele Beispiele, wie Mitglieder des Teams nach außen sichtbar für ihr Produkt stehen, auch wenn klar ist, dass hier eine andere Art von Ownership besteht. Ist ja meist deren Produkt.
Fazit
Ownership als Übernahme von Verantwortung und Identifizierung ist ein wichtiger und mächtiger Faktor um herausragende Produkte zu entwickeln. Leider wird sie zu selten genutzt und viele Teams sind Projektbetroffene anstatt Projektbeteiligte zu sein. Das kann und sollte man ändern. Warum also warten, wenn es doch schon recht einfach geht?
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